Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich den Prozess zur Erlangung von Schadensersatz nach Stürzen aufgrund von Glätte und Eis erheblich vereinfacht. In seinem Urteil vom 1. Juli 2025 (Az. VI ZR 357/24) senkte der BGH die Beweisanforderungen für Kläger, was es ihnen erleichtert, nachzuweisen, dass Grundstückseigentümer oder Mieter ihre Schneeräum- und Streupflichten verletzt haben.
Früher mussten Opfer detaillierte meteorologische Daten vorlegen und belegen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls „allgemeine Glätte“ herrschte. Dies war besonders für Privatpersonen und ältere Kläger oft schwierig, da professionelle Wetteraufzeichnungen nicht immer verfügbar sind. Nun hat der BGH klargestellt, dass solche umfassenden Beweise nicht immer erforderlich sind. Es reicht aus, wenn der Kläger glaubwürdige Fakten präsentiert, die darauf hindeuten, dass eisige oder glatte Bedingungen bestanden, woraufhin das Gericht ableiten kann, dass die Räum- und Streupflicht verletzt wurde.
Diese Entscheidung verschiebt die Beweislast zugunsten der Geschädigten und erschwert es den Beklagten, sich von der Haftung zu befreien.
“Mit diesem Urteil erleichtert der BGH den Zugang zu Schadensersatz für alle, die durch Glätte verletzt wurden, und stärkt gleichzeitig die Verantwortung der Eigentümer,” kommentierte ein renommierter Rechtsexperte.
Für Eigentümer, Hausverwalter und Mieter bedeutet dies, dass sie nun noch sorgfältiger ihre Winterdienstpflichten erfüllen müssen. Dazu gehören rechtzeitiges Schneeräumen, Streuen der Wege und das Dokumentieren der durchgeführten Maßnahmen. Insbesondere bei längeren Glätteperioden oder wechselhaftem Wetter sollten Nachweise wie Fotos, Aufzeichnungen von Räum- und Streutätigkeiten oder Verträge mit Winterdienstunternehmen geführt werden.
Mieter sollten sich ebenfalls ihrer Verantwortung bewusst sein, wenn sie selbst zur Räumung verpflichtet sind, beispielsweise bei gemeinschaftlich genutzten Gehwegen. Eine lückenhafte Erfüllung der Schneeräumpflicht kann nicht nur zu Bußgeldern, sondern auch zu Schadensersatzansprüchen führen.
Die Entscheidung des BGH kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Wintereinbrüche immer häufiger auftreten und die Haftungsrisiken steigen. Gleichzeitig erleichtert sie es Opfern, ihre Ansprüche geltend zu machen, ohne zuvor umfangreiche technische Beweise sammeln zu müssen. Experten empfehlen, dass alle Beteiligten die Winterdienstregelungen ihrer Gemeinde kennen und ihre Pflichten proaktiv erfüllen, um Streitigkeiten zu vermeiden.
Darüber hinaus betont das Urteil die Bedeutung einer präventiven Planung: Wer seine Wege und Eingänge frühzeitig absichert, reduziert nicht nur Unfallrisiken, sondern schützt sich auch vor potenziellen rechtlichen Folgen.
Zusammenfassend zeigt das BGH-Urteil, dass Glätteunfälle ernst genommen werden müssen und die Verantwortung von Eigentümern, Verwaltern und Mietern klar definiert ist. Durch die erleichterten Beweisanforderungen wird es für Geschädigte einfacher, angemessenen Schadensersatz zu erhalten, während die Pflichtinhaber stärker motiviert werden, ihren Winterdienst sorgfältig und gewissenhaft zu erfüllen.